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Corona-Krise: Kein Werkstattbetrieb, Homeschooling im Berufsbildungsbereich und Besucherstopp

Töpferei Gruppenleiterin Lydia Horn (li.) arbeitet nun in der Kreativgruppe.
Töpferei Gruppenleiterin Lydia Horn (li.) arbeitet nun in der Kreativgruppe.

Stichwort Werkstatt: Die beiden Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) der Matthias-Claudius-Haus-Stiftung in Oschersleben bleiben weiter bis mindestens 3. Mai geschlossen. Geschäftsführer Michael Lange erwartet auch darüber hinaus eine „längere Schließzeit“ für die beiden Standorte „Neubrandslebener Weg“ und „Am Pfefferbach“, in denen insgesamt rund 350 Männer und Frauen mit Behinderungen arbeiten. Ganz ruht der Alltagsbetrieb in den Werkstätten aber nicht. „Wir setzen in einigen wenigen Bereichen die Arbeit stark reduziert als Notversorgung fort“, sagte Lange. Das betrifft einige wenige Menschen mit Behinderungen, die in ihrer Häuslichkeit nicht alleine bleiben können. Gearbeitet wird zum Beispiel in der Wäscherei, zu deren Kunden viele Arztpraxen gehören. Für Privatkunden bleibt dieser Dienstleistungsbereich aber weiter geschlossen, ebenso wie die Annahmestellen für E-Schrott und den Buchshop „Lese-Lotte“. „Es gibt bei uns seit fünf Wochen keinen Publikumsverkehr“, sagte Lange. Dringende Aufgaben in den Werkstätten werden momentan von einer administrativen Notbesetzung erledigt. Unterm Strich bedeutet das: Die Erlöse aus der Produktion, von denen auch die Werkstattlöhne der behinderten Beschäftigten bezahlt werden, sind nahezu komplett weggebrochen. „Für März und April haben wir die Werkstattlöhne noch bezahlt, aber nun wird es schwierig“, erklärte Lange. „Es gibt dafür keine Rücklagen. Die weiteren Zahlungen stehen zweifellos infrage, da ein Ende der Werkstattschließung derzeit nicht abzuschätzen ist.“ Auch die aus den Erlösen der Produktion umzusetzenden Investitionen liegen derzeit brach. „Unser Investitionsplan für 2020 ist, wenn überhaupt, nur noch punktuell umsetzbar. Wir müssen verschieben und verzichten.“ Lange betonte jedoch, dass die Finanzierungssäule der Betreuungsentgelte von der Sozialagentur des Landes nicht wackelt und stabil ist. „Das ist zunächst gesichert und wir sind froh und dankbar dafür, denn dadurch sind wir nicht so betroffen, wie andere Unternehmen.“ Abstriche müssen derzeit aber eben überall gemacht werden.

Stichwort Wohnstätten: In den Wohnstätten der Matthias-Claudius-Haus-Stiftung Oschersleben wohnen und leben rund 150 Männer und Frauen mit teils schwersten Mehrfachbehinderungen. Ein Teil arbeitet in den Werkstätten. Wer keiner Arbeit nachgehen kann, wird in der Tagesförderung betreut. Die Wohnstätten sind aktuell aufgrund der Werkstattschließungen das Betreuungszentrum. Eine erhebliche Anzahl der Mitarbeitenden aus den Werkstätten hilft momentan in den Wohnstätten aus. „Das funktioniert erstaunlich gut“, sagte Lange. „Ganz viele haben sich in dieser Ausnahmesituation einbinden lassen. Dafür gebührt ihnen meine Anerkennung.“ Besuche von Angehörigen in den Wohnstätten gibt es nicht, die Versorgung wurde größtenteils auf Lieferung umgestellt. „Einkäufe in den hiesigen Supermärkten vermeiden wir. Unsere Risikogruppe ist groß“, betonte Lange. Viele sind schwerstbehindert, schon älter oder gesundheitlich angeschlagen. Für Lieferanten gibt es eine Schleusenregelung. In den Wohnstätten wurden in verschiedenen Bereichen kleine Förder- und Beschäftigungseinheiten ins Leben gerufen. Alles gestaffelt und unter strengen Hygienebedingungen. So wurde beispielsweise im Griesbachsaal, der üblicherweise für Andachten genutzt wird, eine Kreativgruppe eingerichtet, in der gemalt, gebastelt und getöpfert wird. Zwei kleine Gruppen pro Tag, dazwischen wird großflächig desinfiziert. Im parkähnlichen Wohnstättengelände darf sich an der frischen Luft bewegt werden.

Stichwort Berufsbildungsbereich: Alle 26 Teilnehmenden des Berufsbildungsbereichs sind aktuell zu Hause. Sie werden von den Gruppenleitern auf dem Postweg mit individuell ausgearbeitetem Lernmaterial versorgt. Es gibt regelmäßig Telefonkontakte, die auch zur Auswertung des Lernstoffs genutzt werden. Stichwort psychosoziale Betreuung: Werkstattbeschäftigte, die bei Angehörigen oder alleine wohnen, sind in diesen Zeiten teils von Unsicherheiten, Ängsten und Langeweile geprägt. Um sie kümmert sich der Soziale Dienst. Das vierköpfige Team steht mit denen, die es möchten, regelmäßig in Kontakt. „Es gibt eine Telefonbereitschaft rund um die Uhr“, sagte Christopher Ernst, Leiter Soziale Dienste. Viele würden Kurznachrichten schreiben. „In diesen Zeiten ist das ganz wichtig. Es ist eine Art Krisenintervention.“ Bei Bedarf gibt es auch Hausbesuche.

Stichwort Schutzmaßnahmen: Die regelmäßige Flächen- und Handdesinfektion in den Einrichtungen der Matthias-Claudius-Haus-Stiftung ist gewährleistet. Mittel sind derzeit noch vorhanden. Eine Mundschutzpflicht besteht noch nicht, vier Mitarbeiterinnen nähen aber aktuell Mund-Nasen-Masken. Ausgeblieben sind bisher Lieferungen Persönlicher Schutzausrüstungen (PSA). „Wir haben anfangs einen Karton mit zehn PSA vom Landkreis bekommen. Das war´s“, sagte Lange. „Es gab bislang auch keine aktive Anfrage irgendeiner Behörde, wie es bei uns läuft und wie wir uns organisieren.“ Verlass ist Lange zufolge auf den Landesverband der Diakonie in Halle, der nicht nur informiert, sondern auch unterstützt, wo es möglich ist.

21.04.2020